50 Jahre Schlechinger Alphornbläser

Wie kam das Alphorn nach Schleching?

Angefangen hat die 50jährige Geschichte des Alphorns in Schleching mit Konrad Anner. Die Liebe führte den Aschauer nach Schleching, als er hier die Annemarie „Mirl“ Pfeiffer im Oktober 1967 heiratete. Seine zweite Liebe, die Musik, stellte er in der Musikkapelle Schleching unter Beweis als Flügelhornspieler. Aber es gab noch ein weiteres Instrument, dem sein großes Interesse galt, das Alphorn.

Erster Auftritt bei den Alpinen Deutschen Skimeisterschaften

 Zu dieser Zeit war das Alphorn im Chiemgau noch nicht so bekannt, aber Anner hatte den festen Willen, drei Alphörner zu bauen. Er wandte sich im Winter 67/68 an den ihm wohlbekannten Franz Jell –Rechenmacher in Bernau- und bat um den Bau der Alphörner Die entsprechenden Bäume dafür  musste er besorgen. Es war nicht so einfach geeignete Stämme zu finden.  Aber nach längerem Suchen wurde er fündig und  so entstanden im Oktober 1968 die ersten drei Hörner für Schleching. Als Besetzung fanden sich nun mit Konrad Anner als erste Stimme, Richard Prasser als zweite Stimme und Martin Sabold als Bassstimme zusammen. In der Backstube von Sebald Pfeiffer wurde fleißig geübt bis zum ersten Auftritt 1969 bei den Alpinen Deutschen Skimeisterschaften in Schleching. 

Von da an ging es Schlag auf Schlag, die Auftritte in den letzten 50 Jahren sind nicht mehr zu zählen, so zahlreich, so spektakulär, so vielseitig sind sie und die Schlechinger Alphornbläser wurden immer bekannter. Nach jedem Auftritt kamen neue Anfragen. So spielten sie schon im nächsten Jahr vor 10.000 Menschen beim Eistheater „Zum Weißen Rössl“ auf der Eisfläche  zum  28.Geburtstag von Hans Jürgen Bäumler. Standkonzerte, Heimatabende und Auftritte auf den verschiedensten Veranstaltungen gehörten nun fast zum laufenden Programm. 1973 wurde die erste Schallplattenaufnahme mit Luis Trenker erstellt, dieser sollten noch viele folgen sowie diverse Fernsehauftritte im In- und Ausland. Die Besetzung der Schlechinger Alphörner wechselte in den langen Jahren, aber seit der ersten Stunde bis heute sind Konrad Anner und Martin Sabold dabei. Das heutige Quartett besteht seit 1983 mit Christian Zaiser und seit 1990 mit Christine Zaiser. 

Nach zehn Jahren Spielzeit beschlossen die Schlechinger, es müssen neue, selbstgebaute  Alphörner her. Ein spannendes Unterfangen, da man vorher nie weiß, wie Hörner klingen werden. Es ging alles gut und die Bläser waren zufrieden mit ihrem Werk.

 Die Professionalität  war inzwischen so ausgereift, dass sich die Schlechinger 1979 dem großen Alphornbläser-Treffen –das alljährlich an einem anderen Ort stattfindet- stellten. Auf dem Streichen wurde das Event für 60 Alphörner und rund 400 Personen organisiert.   Live-Übertragungen  in Funk und Fernsehen waren geplant. Es kamen dann so viele Zuschauer, dass die Polizei aus Reit im Winkl angefordert werden musste, um die Besucherströme zu lenken, ein unvergessliches Erlebnis für die, die dabei waren. 

1994 fand ein weiteres Oberbayerisches Alphorntreffen auf dem Streichen statt, zusammen mit der 800-Jahrfeier der Streichenkirche,  St. Servatius.

Soviel Aufmerksamkeit  an den Alphörnern zog weitere Interessenten an, so begleitete das französische Fernsehen ein Jahr den Bau eines neuen Alphorns und Aufnahmen mit Opernsänger José Carreras und den Schlechingern. 

So ging es über die Jahre weiter vom Auftritt im Antiquarium zum Neujahrsempfang von Franz Josef Strauß, Flugreisen zu Auftritten in Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf, drei Tage Auftritte auf der  Weltausstellung in Hannover bis zum internationalen Folklorefestival in Zagreb (Kroatien)und einer Einladung vom deutschen Generalkonsulat nach Thessaloniki, wo die Schlechinger  mit einer Polizeieskorte zu Auftritten ins Landesinnere begleitet wurden. 

Daneben gab es natürlich auch die vielen Auftritte in Bayern, besonders in der Weihnachtszeit etablierten sich über die  Jahre feste Termine, wie Auftritte  beim Adventssingen,  Adventsmärkten,  auf dem Schlechinger Christkindlmarkt und das Jahr wird immer beschlossen mit dem Silvestergruß auf dem Dorfplatz. 

Ein Instrument zum Innehalten

Das Repertoire der Lieder für Alphörner war am Anfang sehr spärlich, sein Zweck war eher praktischer Natur, nämlich zur Gefahrenwarnung im Tal oder zur Beruhigung des Viehs auf den Almen. 

Aber auch  vor 50 Jahren sollte es nun  eher zur Unterhaltung dienen, vielleicht auch mit dem Bewusstsein der Erhaltung einer alter Tradition und der Sehnsucht der Menschen darin Halt zu finden. Das gilt sicher auch heute nach 50 Jahren genauso, vielleicht ist heute sogar der Wunsch nach Ruhe und Besinnung in der schnelllebigen Zeit mit den vielen medialen Angeboten noch größer. Finden kann der Zuhörer die Ruhe  in den tiefen Resonanzen dieses außergewöhnlichen Instrumentes, die den Menschen innehalten lassen. 

Auch hier war Konrad Anner als  Schlechinger Alphornbläser unermüdlich, über die Jahre schrieb er viele Stücke, die von der Uraufführung bis heute gespielt werden. Der Nachwuchs liegt ihm ebenfalls am Herzen, so bildete er „De Junga Schlechinger Alphornbläser“ aus. Die bekamen 2013 auch noch ein ganz besonderes Geschenk: Das im Jahr 1973  längste Alphorn der Welt, mit einer Länge von 10,51 Metern, das die damalige Besetzung der Alphornbläser kaufte.  Verkauft hat es ihnen damals  die Witwe von Franz Jell. Das Horn wurde zerlegt und restauriert, heute können es die Besucher des Bürgerhauses bewundern, wo es an der Decke hängt. Die heutigen Besitzer sind die Jungen Schlechinger Alphornbläser Josef Bachmann Junior, Anton Rappl Junior und Florian Wegener 

Fragen an die Alphornbläser

Die ganze Retrospektive wäre sicher schwierig, wenn nicht Martin Sabold akribisch alle Termine, Fotos, Zeitungsartikel aufgehoben und in zwei sehr dicken Chroniken von 1969 bis heute in zwei Bänden aufgeschrieben und aufgehoben hätte. 

In einem Gespräch mit den vier Alphornbläsern im Berggasthof auf dem Streichen und der Frage „was sie so fasziniert an dem Instrument“ sagte Konrad Anner „es ist der besondere Ton des Holzes, der beim draußen spielen  so weit in die Natur getragen wird“ Christine und Christian Zaiser lieben „das Gefühl von Wärme, das durch das  Instrument  direkt ins Herz geht“. Martin Sabold stimmte dem zu und fand dass er sehen kann „wie sich Christine und Christian auch nach einem anstrengenden Arbeitstag beim Spielen entspannen können“. Einmal in der Woche wird gemeinsam geübt, oft auch allein und dabei wird viel Freizeit investiert. Einig war sich das Quartett, dass sie die vielen gemeinsamen Erlebnisse und die schöne Kameradschaft  zusammen halten lässt und durch die vielen Jahre  getragen hat. Ein weiterer Motivationsgrund sei, dass sie mit ihrer Musik die Zuhörer erfreuen wollen und  beobachten, dass diese oft ganz ergriffen sind und sich herzlich bedanken für das Hörerlebnis und „das freut uns, dass wir was geben können und auch etwas zurückbekommen“ fand Christine Zaiser.