Gedanken zum 50. Almabtrieb

Margot Mix aus Raiten erinnert sich

Die Dalsenalm ist ein Almgebiet zwischen Kampenwand und Geigelstein. Jedes Jahr im Frühjahr treiben die drei Bauern aus Raiten, der Feichten Bauer, der Bichl Bauer und der Huber Bauer ihr Jungvieh auf die vordere Dalsenalm. Meist sind es um die sechzig Tiere, inclusive dem Pensionsvieh. 

Den ganzen Sommer können sich die Tiere frei  auf dem 54 Hektar großen  Almgebiet bewegen und artgerecht leben. Das Almgebiet ist eine ökologisch wertvolle Kulturlandschaft, die nur durch die Bewirtschaftung der Almbauern erhalten bleibt. 

Dort wo Almen aufgegeben und offen gelassen werden, verwildern die Blumenwiesen und werden überwuchert von Sträuchern, kleinen Bäumen und Brombeeren. Und damit gehen seltene Pflanzen, Tiere und Insekten für immer an diesem Ort verloren. 

Der Erhalt der Almen ist für die Bauern mit viel Arbeit verbunden. Jeden Tag besuchen sie die Alm und prüfen, ob das Wasser frisch und sauber fließen kann, der Zaun um das 54 Hektar große Gebiet unbeschädigt ist und alle Tiere zu sehen sind. Sie erkennen die Tiere an dem unterschiedlichen Geläut ihrer Glocken. 

Der 50. Almabtrieb

Margot und Georg Mix haben in diesem Sommer zum 50. Mal das Vieh auf die Alm getrieben und jetzt im Herbst erinnert sich Margot, wie es vor 50 Jahren war. 

„Ich bin ja jetzt Austragsbäuerin beim Huber, aber am Almabtrieb am Ende des Sommers hat sich in den 50 Jahren nichts geändert“. Früher war noch Almpersonal oben, die Geschwister Klara Bachmann und Marianne Reiserer, sie haben  Käse auf der Alm hergestellt. 

Seit 1971 wird die Alm von ihnen bewirtschaftet, zuerst zehn Jahre als Pächter bis sie 1981 auf Margot und Georg Mix überging. Das Ehepaar hat sich 1970 auf dem Huberhof in Raiten kennengelernt und 1972 hat der Georg seine Margot geheiratet. 

Aber in dem halben Jahrhundert hat sich beim Almabtrieb nichts geändert. Auch heute wird der Almschmuck noch genauso hergestellt wie schon vor 50 Jahren, aus Almrosen, Latschen, Kranewitter (Wachholder) und Krepppapier. Margot ist stolz auf ihre zwei Enkel Lorenz, 7 Jahre und Annalena 6 Jahre, die ganz fleißig und sehr geschickt mithelfen, die kleinen Rosen für die Anstecker zu basteln. 

Viel Geduld erfordert die Herstellung des aufwändigen Schmuckes für die Rinder, schon Mitte August wird mit dem Sammeln der Naturmaterialien und dem Basteln  begonnen. Margot nutzt hier die Gelegenheit sich bei ihrer Familie und der Nachbarschaft herzliche für deren Hilfe zu bedanken. 

Ein alter Brauch 

Wenn beim Almsommer alles gut gegangen ist, in der Familie und bei den Tieren, keines krank geworden oder gar tödlich abgestürzt ist, dann kann der festliche  Schmuck für die Tiere angelegt werden, die Kronen, Kreuze Daxnboschen und Wistlbam. Die Tiere, die den Almabtrieb am Ende des Sommers schon kennen, tragen den Schmuck mit Stolz und sie freuen sich auf die noch fetten Wiesen am heimischen Stall im Tal. 

In diesem Jahr hat sich Margot Mix eine ganz besondere Überraschung zum Almabtrieb überlegt. Sie hat neue Larven, das sind die an der Stirn des Rinds befestigten Masken, bestellt. Bestickt mit Alm- und christlichen Motiven sehen sie wunderschön aus. Eine Fahnenstickerei hat sie nach Margots Vorstellungen und Ideen angefertigt. Jetzt liegen die Larven frisch gewaschen und gebügelt auf dem Tisch und Margot streicht stolz mit den Händen über den schönen Stoff. Bald werden sie weg geräumt und warten auf den Einsatz im nächsten Jahr. 

Hexen und Dämonen überlisten – ein uralter Volksglaube

Der historische Hintergrund für den aufwendigen Schmuck für die Tiere liegt in einem uralten Volksglauben. Die Menschen dachten früher, dass auf dem Weg zwischen Stall und Alm Hexen und Dämonen lauern, die es zu überlisten galt. Dafür stattete man die Tiere mit dem Schmuck aus, hinter dem sie sich versteckten und für die Geister nicht erkennbar sein sollten. Die Masken tragen oft christliche Symbole, die auch dem Schutz dienen.

Die Bedeutung des Tages drücken die Almerer auch in ihrem Gewand an diesem besonderen Tag aus und hier sollen auch die Tiere in nichts nachstehen und werden herausgeputzt. 

Jetzt stehen die vielen Kreuze, Wipfel und Kronen im historischen Bauernhaus verteilt in den Stuben und auf der Tenne.  Sie erinnern noch eine Weile an den gut verlaufenen Almsommer und den besonderen Tag des Almabtriebs. 

Die Tradition des Almabtriebs soll erhalten bleiben

Margot Mix und ihrem Mann Georg liegt viel daran, dass diese Tradition erhalten bleibt, sie und ihre Familie sind mit viel Herzblut dabei und Margot hat die berechtigte Hoffnung, dass auch ihre Enkel, die ja jetzt schon mit viel Freude dabei sind, die Tradition weiterführen können.