DAS WOHNZIMMER VON BOZEN

Direkt hinter dem bekannten Obstmarkt liegt das traditionsreiche Wirtshaus mit einer interessanten Historie. 

Das Wirtshaus ist auch etwas für Augen und Seele. Fotos (7): Wunderlich

Eine Empfehlung für Bozen

Vorweg möchte ich Ihnen empfehlen, fahren Sie nicht an Bozen vorbei, wenn Sie Richtung Süden unterwegs sind. Ein Abstecher – oder auch länger – lohnt sich auf jeden Fall, nicht nur wegen dem dort im Museum liegenden Ötzi. 

Die vielen kleinen Geschäfte in den engen Gassen und  Lauben im historischen Stadtkern und die zum Teil Jahrhunderte alten Gebäude  locken zum Bummeln und Einkaufen.

Wenn sich dann der kleine oder große Hunger und Durst meldet, erwartet Sie im Wirtshaus Vögele Genuss für den Magen, aber auch für die Augen und die Seele.

Sogar J.W. von Goethe war schon hier

Das Haus wurde vor über 700 Jahren gebaut und sogar J.W. von Goethe soll hier während seiner Italienreise schon den Wein getrunken haben. Verewigt ist er dabei auf einem großformatigen Gemälde von Albert Stolz. Zum Dank widmet die Stadtverwaltung den Ort von Dominikanergasse in Goethestraße um. 

Meister Goethe blickt von oben auf die Gäste.

Das Geheimwort 

Unter dem Namen „Roter Adler“ wird das Gasthaus bekannt und um 1900 immer beliebter, dank dem zunehmenden Tourismus durch den Bau der Brennerbahnlinie. Das endet 1939 als die Faschisten dem Lokal die Gasthaus-Konzession entzogen und der Name verboten wurde.

In den Kriegszeiten fanden Geheimtreffen im Lokal statt, wer teilnehmen wollte musste das Losungswort „Vögele“ wissen. So ist der Name für das Wirtshaus entstanden und bis heute erhalten geblieben. 

Bis 1939, als es die Nazis verboten, hieß das Lokal „Roter Adler“.

Die aktuelle Geschichte

Vor fast 30 Jahren übernahm das junge Ehepaar Birgitt und Willy Alber das Gasthaus. Mit viel Engagement, guter Küche und erlesenen Weinen machten sie das „Vögele“ zu einem beliebten Szenelokal. 

Sybilla Wunderlich im Gespräche mit Damian, dem ältesten Sohn der Wirtsleute.

Der älteste Sohn, Damian, erzählt, dass die Eltern das Lokal im Februar 1993 übernommen haben. Er kam im Mai auf die Welt und ist quasi im Lokal aufgewachsen. Es gab damals acht Tische, die Mama war im Service und der Papa in der Küche. 

Heute beschäftigt das „Vögele“ 27 Mitarbeiter und das Unternehmen hat sich vergrößert. Im ersten Stock wurden drei zusätzliche Stuben eingerichtet und 2016 eine weitere Gaststube im zweiten Stock.  Hier fühlen sich alle Generationen wohl und die Gäste treffen sich zum geschäftlichen oder geselligen Austausch.

Ein Hotel kam dazu

Damian hat noch zwei Geschwister, Bruder Andy und Schwester Leoni, sie studiert noch in München und Andi hat mit seiner Frau Julika das Comeback einer Kult-Villa mit dem  „Gloriette Guesthouse“ & „Villa Gloria“  auf dem Ritten in Oberbozen ermöglicht. Hier setzen Mutter Birgitt mit Sohn und Schwiegertochter alles daran, dass sich ihre Gäste rundum wohlfühlen. Andi ist Bierexperte und Sommelier. 

Stammtisch und Promis 

Im Vögele kehren je nach Saison die Bozener Stammgäste und im Winter viele internationale Gäste aus der Sportszene ein. Das Publikum ist sehr gemischt und es sitzen „vom Anwalt zum Maler“ alle an einem Tisch, erzählt Damian. Ein paar Namen von Promis lässt er sich nicht entlocken. „Bei uns werden alle Gäste gleich behandelt“, aber klar kommen auch Promis, bekannte Sportler, Sänger aber wie es sich für einen guten Wirt gehört, bleibt Damian diskret. 

Damian erzählt auch noch, dass im Vögele der älteste Stammtisch Südtirols etabliert ist. An die 30 Herren –Doktoren, Anwälte, Immobilienmakler- treffen sich schon über Generationen hinweg hier regelmäßig.

Das Beste aus der Küche und die Nachhaltigkeit 

Auf die Frage nach den beliebtesten Gerichten im Vögele erzählt Damian, dass sein Vater auf dem Bauernhof aufgewachsen ist, und viele Rezepte noch von der Oma stammen. Es werden traditionelle Gerichte aus der Südtiroler Küche, hausgemachte Teigwaren und immer der Saison angepasste Speisen, mit frischen Zutaten aus der nahen Umgebung angeboten. Besonders gern werden „Vögeles Knödel-Kistl“ (Foto) und Erdäpfel Plattlen  bestellt.

Das berühmte „Knödel-Kistl“ im Wirtshaus Vögele.

Auf die Frage wie es mit der Nachhaltigkeit in der Küche steht, erklärt Damian, dass es ja immer wechselnde Gerichte gibt und nach den Erfahrungen gut eingeschätzt werden kann, welche Mengen benötigt werden. Außerdem haben sie das Glück, dass sie dreimal am Tag frisches Obst und Gemüse von dem nebenan liegenden Obstmarkt geliefert bekommen und von den Bauern im Umkreis. Großen Wert wird auf nachhaltige Produkte beim Fleisch aus Südtirol gelegt. Den Fisch bezieht das Wirtshaus Vögele beim 120 Jahre alten Unternehmen „Fisch-Schiefer“, dem ebenfalls die Wahrung von natürlichen Lebenszyklen, Nachhaltigkeit und Artenschutz wichtig sind. 

Jetzt auch noch eine Kult-Disko

Mit Erstaunen habe ich gelesen, dass Damian jetzt auch noch in die Kult-Disko von Bozen -das „Martini“- von Martin Wolfsgruber in der Erbsengasse 8 eingestiegen ist. Er erzählt dazu, dass das „Vögele“ ja nicht nur ein Wirtshaus ist, sondern,  dass hier auch viel gefeiert wird. Die Gäste kommen freitags nach der Arbeit vorbei und oft ist dann am späten Abend die Bar rappelvoll, der Vater betätigt sich als DJ, es ist ausgelassene Stimmung und es wird sogar getanzt. Da war es gar nicht so abwegig, das Angebot  zur Übernahme der Disco anzunehmen.

Leider wurde der neue Betriebszweig  gleich wieder  ausgebremst durch die Corona-Beschränkungen und bisher fanden nur Treffen auf private Einladungen dort statt.

Außenansicht.

Es ist sicher nicht so einfach, ein Familien-Unternehmen durch die jetzt besonders schwierigen Zeiten zu steuern. Das kann nur gelingen, wenn alle mit viel Herzblut dabei sind, und genau das trifft hier zu, und das spürt der Gast! 

Zwischen Tradition und Moderne

Die Familie Alber schafft die seltene Konstellation, auf der einen Seite die Tradition des Wirtshauses Vögele hochzuhalten und dem Gast trotzdem eine moderne Küche in einem kreativen und stilvollen Ambiente zu kredenzen.   

Und auf der anderen Seite mit dem Gloriette Guesthouse  und der „Villa Gloria“ ein junges Flair mit dem Zeitgeist entsprechenden Ideen wie „workation mit Internet strong“, Bar, Lounge, Spa oder shoppen in Downtown Bolzano anzubieten.

Familie Alber findet die Balance zwischen Tradition und Fortschritt, es fühlt sich trotzdem ganz natürlich an, leicht, locker und mit viel guter Laune!  

Der berühmte Obstmarkt von Bozen.
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