Sport Bauer: 130 Jahre Familientradition

Von der Schuster-Werkstatt aus der Kaiserzeit zu den Spitzensportlern

Was ist seit mehr als 20 Jahren das Geheimnis des Remigius Bauer in seinem Sportgeschäft in Schleching, dass sich die Größen des Skisports bei ihm die Klinke in die Hand geben?

Das kleine Bergsteigerdorf am Fuße des Geigelsteins gehört sicher nicht zu den Hotspots der Ski-Scene, aber es gab schon vor zwanzig Jahren Biathleten in Schleching, wie Martina Seidl (geborene Zellner) und Andi Birnbacher und sein Trainer Fritz Fischer,  die um das Geheimnis wussten und damit zum Beispiel auch die erfolgreichste Biathletin der Weltcupgeschichte Magdalena Forsberg anlockten. Es sprach sich schnell herum  und der Kreis der „Eingeweihten“ wuchs und wächst bis heute. 

Remigius Bauer Senior war durch den deutschen Skiverband  der erste Besitzer in Deutschland einer CNC gesteuerten Maschine zur individuellen Bearbeitung der Ski. Mit diesem Präzisionsgerät wurde eine Struktur-Weiterentwicklung eingeleitet, die es ermöglichte, die Ski auf die jeweiligen Skifahrer und die   Schneeverhältnisse   auf hundertstel Millimeter genau einzurichten. „Der Schnee in Vancouver ist anders als in Korea“ erzählt Remigius Bauer Senior, sein Weg führte ihn fast um die ganze Welt, nach Amerika, Asien, Russland und überall in Europa. Seine Erfahrungen konnte Bauer  bei den letzten vier Olympischen Winterspielen 2006 in Turin, 2010 in Vancouver, 2014 in Sotschi  (Russland)und 2018 in Pyeongchang (Südkorea) und bei allen Biathlon-Weltmeisterschaften seit 2005 einbringen. 

Seit zwei Jahren haben die erfolgreichen norwegischen Skispringer präparierte Ski von Remigius Bauer unter den Füßen und die Biathlonmannschaft der USA wird seit 15 Jahren von ihm betreut, um nur wenige Beispiele zu nennen. 

Die von ihm präparierten Ski haben viele Medaillen gewonnen „ich habe nicht gezählt wie viele, aber es waren bestimmt über 50 Stück“ erinnert er sich.

Sven Hannawald saß vor seinem großen Sieg bei Bauers in der Küche  

Nette Erinnerungen bleiben im Gedächtnis, wie zum Beispiel in einer „Nacht und Nebel Aktion“ die Ski für Sven Hannawald für die erfolgreiche  50. Vierschanzentournee 2001/2002 präpariert wurden und die Ehefrauen des Seniors und des Juniors,  Christa und Daniela –die gerade hochschwanger war-  mit dem Sportler gemütlich in der Küche saßen. Mit diesen präparierten Ski gewann zum ersten Mal in der Geschichte der Vierschanzentournee Sven Hannawald aus Deutschland alle vier Wettbewerbe der Tournee. 

Mit den präparierten Ski könnte jeder Kunde eine Medaille gewinnen 

Der Senior arbeitet schon viele Jahre  mit seinem Sohn Muck zusammen und beide betonen, dass diesen  besonderen Service nicht nur die Spitzensportler genießen können, sondern jeder Kunde! Schmunzelnd bemerken sie, dass damit auch jeder Kunde mit seinen Ski eine Medaille gewinnen könnte. 

Remigius Bauer Senior weiß so gut Bescheid, da er selbst früher sportliche Erfolge bei Ski-Weltmeisterschaften einfahren konnte. Schon in jungen Jahren mit 19 musste er als der „zweite Schuasta-Muck“ das Geschäft von seinem Vater übernehmen, der hatte es 1945 als der „erste Schuasta-Muck“ ebenfalls von seinem Vater übernommen und mit großer Hingabe zum Schuhmacher-Handwerk die schwere Zeit der Nachkriegsjahre überstanden. Gegründet wurde das Geschäft noch zur Kaiserzeit, im Jahr 1889 von Georg Bauer und seit dem funktioniert die „vom Vater auf den Sohn Tradition“. 

Schon der jetzige Senior hat 1974 mit seiner Frau Christa eine Erweiterung des Schuhgeschäftes zum Schuh-Sport- und Trachtenhaus mit Erfolg durchgeführt und auch seine beiden Söhne blieben der Sport-Branche treu. Sohn Remigius und seine Frau Daniela führen heute in fünfter Generation das Geschäft. Mut zur Veränderung bewiesen sie 2012 mit der Sanierung und Neugestaltung sowie Anpassung des Sortiments. Sein Bruder Simon eröffnete 2004 sein eigenes Sportgeschäft in Marquartstein. 

Der jetzige Muck verkaufte mit zwölf Jahren sein erstes Paar Laufschuhe an eine Münchnerin,  „grau mit hellblau waren sie“ erinnert er sich noch ganz genau. Da wusste er, „ich will den Laden übernehmen“, weiter geübt hat er  in den Ferien und am Wochenende und später den Beruf gelernt. 

Genauso zielstrebig war er bei der Wahl seiner Ehefrau  Daniela. Schon mit 18 Jahren wusste er, dass er die Dani heiraten wird. Vor zwanzig Jahren musste er in der Schule einen Text verfassen „wie soll mein Leben in zwanzig Jahren sein“, der Lehrer verwahrte die Texte und vor drei Jahren hat er sie nach zwanzig Jahren an seine ehemaligen Schüler abgeschickt. Da konnte die Ehefrau schwarz auf weiß lesen, dass sie schon lange die „erste Wahl“ war. 

Auf die Frage, wie sich der Verkauf von Sportartikeln verändert hat im Laufe der letzten Generationen, sind sich Senior, Junior und Daniela einig, dass er schon sehr komplexer geworden ist. Die im Geschäft angebotenen Sportartikel für Langlauf und Alpinski, Klettern, Tennis und Berggehen probieren sie alle vorher selbst aus und müssen ständig die neuesten Trends und Materialien im Blick haben und anbieten.