Vor einhundert Jahren wurde der Wilderer Josef Hacker erschossen
Der Mythos der Wilderei ist tief in der bayerischen Identität verwurzelt. Seit der Wilderer Georg Jennerwein im Jahr 1877 der Legende nach hinterrücks von einem Jagdgehilfen ermordet wurde, hat sich sein Schicksal in ganz Deutschland herumgesprochen. Hier spielte sicher die Robin Hood Vorstellung eine Rolle. „Sich gegen die Obrigkeit auflehnen und den Mächtigen frech das Wild stehlen“, das bewunderte die Bevölkerung damals. Die Bauern mussten hungern; denn die Jagd war ein königliches Privileg. Jennerwein verteilte das Wildbret an die armen Bauern.
Schleching das Wildererdorf
Dass auch der Ort Schleching im Achental als Wildererdorf gilt ist längst kein Geheimnis, wird es doch in den Liedern von den „Schlechinger Sängern“ ausführlich beschrieben. Kein anderes Delikt erhitzt und polarisiert die Gemüter so, wie die Wilderei. Es entstanden Legenden und Helden der Berge und die Konflikte zwischen Obrigkeit und Schwarzgehern waren vorprogrammiert.
Ein Schicksalstag in Schleching war der 19. Oktober 1919, also vor genau 100 Jahren. Da wurde der Schlechinger „ Josef Hacker“ aus dem Ettenhausener Zimmermeisteranwesen im Alter von 24 Jahren „vom Wildern heimkommend“ von einem staatlichen Jäger von vorn mit einem Kopfschuss getötet.
Zu seiner Beerdigung kamen über 3.000 Menschen und zwölf Musikkapellen. Vikar Johann Wörnzhofer redete in seiner Grabrede den Menschen ins Gewissen „Lasst das Opfer des jungen Lebens euch alle Zeit eine Warnung sein für euer eigenes Tun“.
Der bei den Schlechingern so beliebte „Hacker Sepp“ war bekannt als Wilderer. Er zog als Siebzehnjähriger freiwillig in den Krieg und diente vier Jahre bei der Bayerischen Artillerie. In den Zeitungen wurde er gern als „der blonde blauäugige Jäger-Adonis“ bezeichnet, was wohl auch optisch eine Übereinstimmung von der Vorstellung eines Wilderers gab. Der Hacker-Sepp engagierte sich in der damals rund 50 Jahre alten Musikkapelle, wo ebenfalls einige Wildbretschützen mitspielten.
Jedes Jahr gab es ein Josef-Hacker-Gedächtnisschießen
Die Freunde und Kameraden von Hacker veranstalteten nun jedes Jahr zu seinem Todestag ein Gedenkschießen. Nach dem Eintritt der Dunkelheit wurde auf den Bergen rings um Schleching eine größere Anzahl von Schüssen aus Militärgewehren und Böllern abgegeben. Die Musikkapelle spielte auf der Straße das Lied „Ich hatt‘ einen Kameraden“. Elf Jahre lang wurde das stillschweigend vom Forstamt hingenommen, bis im Jahr 1930 dem damaligen Forstrat Gruschwitz der Kragen platzte. In diesem Jahr war es in der Staatsjagd in Schleching zu vermehrten Wildereifällen gekommen, bei deren Aufklärung sich den Behörden ein gut organisiertes Netz von gewerbsmäßiger Wilderei und entsprechenden Absatzwegen zeigte.
Um dem ein Ende zu bereiten, war der Plan der Obrigkeit, eine umfassende Entwaffnung der Schlechinger Ortschaften vorzunehmen. Dazu wurden bei den Verdächtigen Hausdurchsuchungen angeordnet. Die Ausbeute konnte sich sehen lassen, was aber weder die Wilderei noch das Gedächtnisschießen stoppen konnte.